Usertreffen 2010
Usertreffen 2010 in Hildesheim
Das Parkhotel Hildesheim war Treffpunkt für das mittlerweile 9. Usertreffen. Das Haus liegt in einem ehemaligen Kasernengelände recht ruhig, vor allem Messegäste und Aussteller nutzen es. Nun waren die Do'ler da und werden dem Hoteldirektor sicher in Erinnerung bleiben. Denn soviel Lebensfreude, Humor und Lachen aus vollem Halse hören er und seine Helferinnen sonst offenbar nicht.
Kurzum: Es begann, wie es immer beginnt: Die User kommen und nehmen erstmal Zimmer und vor allem die Theke und die Terrasse (in diesem Fall Balkon) in Besitz. Die Theke ist noch nicht besetzt, aber wer kann dem Charme unserer Truppe schon widerstehen? Also wurde die Kaffeemaschine angeschmissen und ein neues Bierfass angezapft.
Freitagfrüh stand Dialyse an, aber ein kleiner Trupp von vier Leuten ging auf Kulturtrip und besuchte Schloss Marienburg. Besitzer Ernst August war grade nicht da, deshalb ließ sich das Quartett von einer Führerin in die Geschichte einweihen. Interessant, wie man in so einem Schloss lebte, interessant dabei auch, wie man mit geschickter Heirat Vermögen, Besitz und Einfluss mehrte. Klappte nicht immer, die Preußen kamen trotzdem zwischendurch vorbei, aber das Schloss überlebte. Das Geschenk des hannoverschen Königs Georg V. (1819-1878) an seine Frau Königin Marie (1818-1907) war als Sommerresidenz geplant, wurde am Ende ein richtig großes und vieltürmiges Schloss. Heute wird es von den Hoheiten nicht mehr bewohnt, kann für Feiern oder Hochzeiten in der Kapelle genutzt werden. Die Führung war beeindruckend, unter anderem hinterließen die Bibliothek unterm Turmdach und die Schlossküche im Keller bleibenden Eindruck.
Der Freitagnachmittag gehört traditionell dem Eintreffen und der Wiedersehensfreude. Auf manche und manchen musste man diesmal länger warten, Staus auf den Autobahnen aus allen Richtungen sorgten für Verzögerungen, selbst das Motorrad aus Holland bliebt da nicht verschont, brauste dann aber mit sonorem Klang und einer winkenden Sozia heran. Der Balkon war dank warmen Wetters der Rahmen für die ersten Gespräche. Da gab es auch eine kleine Vorstellungsrunde mit einem dicken Lacher: Bernhard stellte sich als Mann der Seeschwalbe vor, seine Frau Inge (seescholle) war da im Wortsinne platt.
Bis zum abendlichen Bufett waren dann alle da, und es wurde ordentlich aufgefahren. Als die Organisatoren Michi (Jazzman) und Gaby (Cesar) zum Sturm auf das (nicht nur kalte) Bufett aufriefen, gab es kein Halten mehr (das ist ja auch jedes Jahr so.....). Es gab allerlei sehr Leckeres, die Details ersparen wir denen, die nicht dabei sein konnten. Jedenfalls wurden alle richtig satt, einige mussten sich den Bauch halten, eben auch wie immer.
Nach der Ruhe des Essens wurde es wieder lauter, Erzählungen, Berichte, was alles passiert ist, alte Freundschaften auffrischen und neue beginnen, denn es waren auch wieder einige "Neulinge" dabei, und nicht zu vergessen Erfahrungsaustausch. Immerhin bot das Treffen die komplette Palette der Betroffenen: Prädialyse, Zentrumsdialyse, Heimdialyse, Peritonealdialyse, Trasplantationen, Lebend-Spende und Angehörige sowie Pflege-Erfahrene. Dass es lustig war, ist nun wirklich nichts neues, Griesgram und Jammerei haben an diesem Wochenende keinen Platz.
Gerade dem Punkt Erfahrungsaustausch und gegenseitige Informationen kommt bei dem Usertreffen regelmäßig große Bedeutung zu. Da erläutern die "Beutler", also die Patienten, die Bauchfelldialyse machen, die verschiedenen Verfahren, deren Vor- und Nachteile sowie insbesondere die Erfahrungen im Alltag. Immerhin sind 2 Liter Wasser im Bauch gewöhnungsbedürftig und es ist sogar schon vorgekommen, dass gutmeinende Freunde einer CAPD-Patienten kleine Babysöckchen schenkten. Auch so etwas muss verkraftet werden, wie überhaupt die psychische Seite eine große Rolle spielt.
Nicht zuletzt bei der Verwandten-Transplantation. Auch hier gab es ausführliche Diskussionen: Müssen sich Ehepartner eine Niere "schenken", oder Brüder und Schwestern? Oder Eltern? Die absolute Freiwilligkeit, das wurde sehr schnell deutlich, ist unabdingbar. Und der Empfänger muss auch damit leben, das der Ehepartner die Niere nicht so ganz uneigennützig gibt, denn eine Spenderin sagte es drastisch: "Das tue ich doch auch für mich!"
Immer wieder ein Thema ist die Hämodíalyse, egal ob im Zentrum oder zu Hause. Angefangen von den Problemen mit Shunt und Punktionen über Reibungspunkte mit dem Pflegepersonal bis zu den Ernährungseinschränkungen wie Trinkmengenbeschränkung, phosphat- und kaliumarme Ernährung. Da trugen Patienten ihre Erfahrungen vor, Angehörige schilderten ihre Alltagsschwierigkeiten, aber auch die ärztliche Meinung floss ebenso ein wie die von Pflegern. Fazit der Gespräche: Das Leben als Nierenkranker ist weiter lebenswert, es geht immer weiter, wenn auch anders. In diesem Sinne machte auch dieses Treffen wieder Mut, ein Jahr weiterzukämpfen - bis zum nächsten Treffen.
Der Samstag stand im Zeichen der Stadtführungen durch Hildesheim, die in zwei Gruppen über die Bühne ging. Originell: Die Führungen wurden von historischen Figuren gespielt, die in der Ich-Form aus den Erlebnissen der Jahrhunderte erzählten. Und Hildesheim hat einiges an Historie zu bieten, etwa eine liebevoll restaurierte Innenstadt und die beiden Unesco-Welterbe-Kirchen St. Michaelis und Mariendom.
Da reichte die Zeit bei weitem nicht, alles auch nur kurz in Augenschein zu nehmen. Sehr nett eine kleine historische Szene im Schatten des Doms, gespielt von zwei Frauen in historischen Kostümen, die am Ende einen Kräuter-Schluck und Hildesheimer Pumpernickel servierten (Bild9). Sehr beeindruckt waren alle von der Anekdote der beiden Esel, die an einer Apotheke angebunden waren und doch glatt den dort frisch angesetzten Kräuterschnaps wegsoffen. Sie trieben allerhand Unsinn, wovon heute noch ein Relief über der Tür der Rats-Apotheke sorgt. Die Pointe: Der Apotheker wollte Schadenersatz, der Richter fragte: Saßen die Esel beim Trinken? "Nein, sie standen". Urteil: Kein Schadensersatz, Trinken im Stehen ist kostenfrei. Ja, so war das damals, aber wir haben es am Abend im Hotel versucht, hat leider nicht geklappt.
Dann stand das große Samstags-Bufett an, wieder mit Bergen voller Köstlichkeien, diesmal vor allem mit mediterranem Anstrich. Als der erste Sturm vorüber war, stand der offizielle Teil an. Hans-Dieter (caissa) hatte ein kleines Gedicht für die Organisatoren gereimt und überreichte damit einen Rosenstock samt Umschlag an Gaby und Michi, durch Spenden der Teilnehmer gefüllt und einzusetzen im Garten (Balkon) der beiden. Auf einen Gutschein für den Vogelpark Walsrode haben wir kurzfristig auf dringenden ärtzlichen Rat verzichtet, das hätte die Flatter-Phobie von Gaby verstärken können. Zusätzlich hatten einige Teilnehmer kleine Präsente dabei, so dass Jazzmann und Cesar ganz sprachlos waren.
Und die erfreulichen Nachrichten gingen weiter. Herbert (hemago), Vorsitzender des Vereins der Nierenpatienten-online erläuterte kurz die Funktion des neuen Vereins. Er dankte Gaby, die einige Großspender aufgetan hat sowie dem Verband der Ersatzkassen, die auf den Antrag des Vereins 2000 Euro beisteuerten So konnte das Treffen mit sehr großzügig gefördert werden. Vielen Dank dafür an die Ersatzkassen, an Fresenius, an Amgen, an Hoffmann la Roche und an die Bürgerstiftung Hildesheim!
Damit wird eines der wichtigsten Ziele erreicht, nämlich möglichst vielen Nierenkranken Usern von Dialyse-online und anderen Internetportalen - unabhängig vom Geldbeutel - die Teilnahme zu ermöglichen. Manchem Zuhörer blieb die Spucke weg, der Beifall für Herbert und Gaby war begeistert.
Wie stets in den letzten Jahren war der Samstagabend auch der Rahmen für die Suche nach den Organisatoren für das Treffen im nächsten Jahr. Hans-Dieter erinnerte daran, dass Ulrike (Ulrike_B) den Anstoß gab und er die Organisation zusammen mit nesquick in Fulda 2002 umsetzte. Zusammen mit Ulrike, bekanntlich sind die beiden inzwischen verheiratet, bot er an, das 10. Treffen in Herford auszurichten. Der Beifall verriet ganz ohne weitere Debatten: Angenommen.
Dann begann der gemütliche Teil. Manche widmeten sich nochmal dem Bufett, zu dessen Krönung Björn einen 5-Kilogramm-Eimer Spreewaldgurken beigesteuert hatte - sehr dekorativ mittem im Bufett und sehr gefragt, hier etwa von Herbert. An den Tischen trafen sich dann Gruppen in wechselnder Besetzung, aber immer fröhlich. Das ging soweit, dass das Lachen unseres foruminternen Rechtsanwaltes Björn (beuteltier) zum Klingelton wurde. Bis jetzt ist aber nicht bekannt, wo man es herunterladen kann und vor allem, was das kostet! Bis in den frühen Morgen, man munkelt von 3 Uhr, ging das, weshalb einige verschlafene Gestalten am Frühstücksbufett nicht verwunderten.
Tja, und dann war schon wieder Abschiednehmen angesagt, mit und ohne Tränen, aber durchgängig mit dem Versprechen "Bis nächstes Jahr". Der gute Björn versicherte sich sogar bei Ulrike: "Ihr kommt doch nächstes Jahr auch oder?" Auto um Auto fuhr hupend von dannen, zwischendurch die schwere Maschine unserer "Hausmeister" Tina und Thomas (TinaW und TeeWee)..
Fazit: tolle Organisation, tolle Teilnehmer, tolle Atmosphäre, halt ein tolles Treffen. Da müssen sich die Herforder ganz schön ins Zeug legen.