Usertreffen 2011

Usertreffen 2011 - Erfahrungsaustausch im hilligen Herford
(caissa) Das 10. Usertreffen in Herford darf als eine gelungene Jubiläumsveranstaltung bezeichnet werden. Bedenkt allerdings, wenn ihr jetzt weiterlest, dass der Text vom Organisatoren persönlich stammt. Es kann also alles wirklich so gewesen sein oder aber auch ganz anders.....
Auf jeden Fall reisten die ersten wieder am Donnerstag an, spazierten spontan zum Herforder Bismarckturm (Bild 1) und erlebten einen leckeren Abend im historischen Ratskeller.
Am Freitag durfte sich ein Dreigestirn der Leistungen der Herforder Dialyse erfreuen, während ein anderer Teil den Tierpark besuchte und ein Quartett Ostwestfalen unsicher machte - dabei sogar den Kopfumfang des Germanenfürsten des Hermannsdenkmals ermittelte. Nachfragen bitte an Heinz W..
Parallel trafen im Hotel nach und nach die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. So stand der Nachmittag ganz im Zeichen der Wiedersehensfreude und der Erholung von der teilweise anstrengenden Anreise.
Am Abend dann der erste Test der Küchen-Leistungsfähigkeit des Hotels. Ein leicht mediterran angehauchtes Buffet, das in gewohnter Manier demontiert wurde. Mancher soll dem Nachtisch sogar fünfmal zugesprochen haben, so dass die Himbeersoße mehrfach nachgereicht werden musste.
Traditionell ist der Samstag der Programm-Tag. Es begann im Sitzungssaal des historischen Rathauses. Alle nahmen Platz und der Stadtführer verriet, wer bei welcher Partei saß.
Der Bürgermeisterstuhl wurde - das verwunderte niemanden - von Melanie (mel) beansprucht. Ein Teil der Gruppe hörte sich Details aus der Stadtgeschichte an, von der Entstehung über die Bedeutung als reichsfreie Stadt im Mittelalter bis zum modernen Herford mit Industrie (Küchen, Schwerindustrie) und Kultur (Museum Marta). Dabei ging Stadtführer Mathias Polster auf die große Bedeutung der Kirche in diesem Gebiet ein und die Macht der Äbtissin des Klosters. Daher kommt auch der Begriff "Hilliges" Herford, also heiliges Herford. In der Weltgeschichte mischte Herford mit, als Sachsenherzog Widukind seine Mathilde, die in Herford erzogen wurde, zur Frau machte. Er wurde König, sie Königin und ihr erster Sohn der erste deutsche Kaiser Otto I.
Der zweite Teil bestieg den Rathausturm und hatte angesichts des klaren Wetters einen tollen Blick über die Stadt und die Umgebung. Nach einem Gang über den grünen Markt und durch die Markthalle gab es eine Führung in zwei Gruppen, die sich in der "Bruchbude" wiedersahen. Das ist die Verkaufsstelle der Schokoladenfabrik Weinrich, die danach die Regale auffüllen musste. Abschluss der Führung war im "Haus unter den Linden" bei Kaffee und Kuchen.
Dazu war der Bürgermeister samt Ehefrau erschienen, letztere ist selbst Userin (susanne-w) und erfolgreich transplantiert. Bürgermeister Bruno Wollbrink hielt ein launiges Grußwort.
Dabei ging er auch auf das Thema Organspende ein, dass derzeit im politischen Berlin heiss diskutiert wird. Der Bürgermeister sprach sich ganz klar für eine Widerspruchslösung aus, wie sie sich etwa in Österreich seit vielen Jahren bewährt hat, was ihm den Beifall der Teilnehmer einbrachte. Organisator Hans-Dieter Wolf dankte dem Stadtchef und seiner Frau für die tatkräftige Unterstützung des Treffens.
Nach einem kleinen Spaziergang zur Bushaltestelle wurde deutlich, das Petrus ein Fan von Dialyse-online.de sein muss, denn kaum hatte die Gruppe den Bus bestiegen, ließ er einen heftigen Schauer niedergehen, der aber wieder strahlender Sonne wich, als der Bus am Hotel angekommen war - eben einfach genial organisiert.
Wie stets wurde der Samstagabend zum Festabend und Höhepunkt des Usertreffens. Caissa erinnerte an die vergangenen Treffen, dafür hatte er mit ulrike_b auch ein Foto-Heft erstellt, das ganz offenbar viele Erinnerungen weckte. Hans-Dieter nutzte die Gelegenheit für einen stillen Moment der Erinnerung. Denn einige auf den Bildern konnen nicht mehr kommen, stellvertretend nannte er renni (Uwe) und chrisi (Christine). Alle Teilnehmer gedachten ihrer in einer Schweigeminute.
Heinz stellte kurz Trans-Dia vor, die Vereinigung für die sportlichen Nierenkranken, die unter anderem einmal ihm Jahr die deutschen Meisterschaften der Transplantierten und Dialysepatienten veranstaltet.
Nächstes Jahr findet diese Meisterschaft in Villingen-Schwenningen statt und Heinz lud dazu herzlich ein. Er versicherte - unterstützt von einigen Teilnehmern, die eine solche Veranstaltung bereits besucht hatten, dass es dabei nicht um Höchstleistungen geht, sondern um sportliche Betätigung nach dem Motto "Zusammengehörigkeitsgefühl und sportlicher Wettstreit".
Den offiziellen Teil eröffnete caissa mit dem Hinweis auf die Sponsoren des Treffens, die das günstige Angebot ermöglichten. Dazu zählen die Firmen Nikkiso und Meise, die Herforder Firmen Sparkasse, Bowe & Vaal und Renntor-Apotheke. Auf Antrag gewährte die GKV erfreuliche 1500 Euro. Die Organisation des Sponsorings läuft über den gemeinnützigen Verein nierenpatienten-online.de, der aus den Beiträgen und Spenden im Laufe des Jahres ebenfalls einen Zuschuss gibt. Die Ausschau nach einem Ausrichter für 2012 war kein Problem, "Spreewaldgurke" Björn (beuteltier) lädt zum Kahnfahren ein und der Beifall verriet, dass sich alle drauf freuen.
Der Rest des Abends - wie stets bis in den frühen Morgen - gehörte der Geselligkeit, dem Gespräch unter vier Augen oder in großer Runde, auf jeden Fall trieb es niemanden ins Bett. Wie bereits am Freitag wurde es nach der Ruhe des Essens wieder lauter, Erzählungen, Berichte, was alles passiert ist, alte Freundschaften auffrischen und neue beginnen, denn es waren auch wieder einige "Neulinge" dabei, und nicht zu vergessen Erfahrungsaustausch. Immerhin bot das Treffen die komplette Palette der Betroffenen: Prädialyse, Zentrumsdialyse, Heimdialyse, Peritonealdialyse, Transplantationen, Lebend-Spende und Angehörige sowie Pflege-Erfahrene. Dass es lustig war, ist nun wirklich nichts neues, Griesgram und Jammerei haben an diesem Wochenende keinen Platz, denn damit kann man eine chronische Erkrankung nicht besiegen.
Gerade dem Punkt Erfahrungsaustausch und gegenseitige Informationen kommt bei dem Usertreffen regelmäßig große Bedeutung zu. Da erläutern die "Beutler", also die Patienten, die Bauchfelldialyse machen, die verschiedenen Verfahren, deren Vor- und Nachteile sowie insbesondere die Erfahrungen im Alltag. Immerhin sind 2 Liter Wasser im Bauch gewöhnungsbedürftig, da gab es manche neugierige Frage zu ganz praktischen Dingen. Ebenfalls ein spannendes Thema war die Verwandten-Transplantation. Auch hier gab es ausführliche Diskussionen: Müssen sich Ehepartner eine Niere "schenken", oder Brüder und Schwestern? Oder Eltern? Die absolute Freiwilligkeit, das wurde sehr schnell deutlich, ist unabdingbar. In diesem Zusammenhang ging es um die derzeit debattierte Änderung des Transplantationsgesetzes. Der Tenor war klar: Das beste wäre die Widerspruchslösung. Sie würde vor allem einer weit verbreiteten Einstellung Rechnung tragen, die da lautet: "Lass mich in Ruhe, ich will vom Sterben nix hören. Aber wenn ich tot bin, können die nehmen, was sie wollen".
Immer wieder ein Thema ist die Hämodialyse, egal ob im Zentrum oder zu Hause. Angefangen von den Problemen mit Shunt und Punktionen über Reibungspunkte mit dem Pflegepersonal bis zu den Ernährungseinschränkungen wie Trinkmengenbeschränkung, phosphat- und kaliumarme Ernährung. Da trugen Patienten ihre Erfahrungen vor, Angehörige schilderten ihre Alltagsschwierigkeiten. Fazit der Gespräche: Das Leben als Nierenkranker ist weiter lebenswert, es geht immer weiter, wenn auch anders. In diesem Sinne machte auch dieses Treffen wieder Mut, ein Jahr weiterzukämpfen - bis zum nächsten Treffen.